In diesem Auszug aus dem Video “How to Listen: Compressor Edition,” konzentriert sich Fab Dupont darauf, ein wichtiges Kompressionsparameter zu hören: die Attack-Zeit. Er beginnt damit, eine viertaktige Vokallinie zu spielen, jeweils mit zwei verschiedenen Kompressionseinstellungen. Die neue Einstellung wirkt etwas weiter hinten und nicht so präsent.
Er verwendet in beiden Fällen dasselbe Compressor‑Plug‑in, das Sonnox Oxford Dynamics‑Plug‑in, mit demselben Ratio und Threshold, aber der große Unterschied bei der neuen Einstellung ist, dass sie eine sehr schnelle Attack‑Zeit hat.

Hier sehen Sie die Einstellungen im Sonnox Oxford Dynamics‑Plug‑in, die Fab im Video verwendet, um die Wirkung einer zu schnellen Attack‑Einstellung zu demonstrieren.
DAS GROSSE QUETSCHEN
Der Attack‑Parameter ist sehr mächtig und kann einen erheblichen Einfluss auf Ihren Klang haben. Er bestimmt, wie schnell der Kompressor auf ein Signal reagiert, das den Threshold überschreitet. Das bedeutet, dass ein Kompressor mit einer schnellen Attack‑Zeit das Transientenverhalten einer Note oder eines perkussiven Ereignisses „quetscht“, während dieselbe Einstellung mit einer langsameren Attack‑Zeit eher das Transiente durchlässt und stattdessen den sustain‑artigen Teil der Note oder des Anschlags abschwächt.

Im Uhrzeigersinn von oben links: Noten von einer Posaune, einem Kontrabass, einer Akustikgitarre und einer Bassdrum. Der lautere Teil am Anfang jeder Note ist das Transient.
Fab sagt, dass die neue Kompressor‑Einstellung mit der schnelleren Attack so klingt, als würde sie das Gesangssignal weiter nach hinten drücken. Er meint, sie verändert die Stimmung total. Er weist darauf hin, dass man in vielen Mixen die Vocals durch einen Kompressor mit schneller Attack‑Einstellung bearbeitet hört, wodurch die Transienten zusammengedrückt werden. Das Reduzieren der Transienten kann dazu führen, dass ein Vocal weiter hinten im Stereobild klingt.
Fab sagt, dass er das oft bei Mischern hört, die SSL‑Channel‑Strips (oder Plug‑in‑Emulationen) verwenden, weil der Kompressor dort nur zwei Attack‑Optionen hat: Fast (1ms) und Slow (auto‑sensing). Wenn er auf Fast steht, kann das definitiv die Transienten beeinflussen.
Er vergleicht das Vocal mit den beiden Einstellungen noch einmal und gibt dieses Mal an, welche Attack‑Zeiten verwendet werden: 10ms in der Originaleinstellung und 0.52 ms bei der zweiten. Wieder merkt er an, dass die Version mit der schnelleren Attack weniger präsent und weniger texturiert ist. Mit weniger texturiert meint er, dass die Dynamik übermäßig homogenisiert ist.
DAS FAZIT
Insgesamt lautet seine Beobachtung, dass die Attack‑Einstellung für den Klang der Kompression genauso wichtig ist wie Threshold oder Ratio. Er betont, dass man, wenn etwas überkomprimiert klingt, unbedingt sein Gehör darauf trainieren muss zu unterscheiden, ob das Zuviel an Kompression von zu viel Ratio/Amount oder von einer zu schnellen Attack herrührt.
ES BETRIFFT INSTRUMENTE
Fabs Video konzentrierte sich auf die Wirkung der Attack‑Zeit am Beispiel von Vocals, aber wie zu erwarten ist dies auch eine wichtige Überlegung, wenn man Instrumente mit scharfen initialen Transienten komprimiert. Schlagzeug und Percussion fallen eindeutig in diese Kategorie. Gleiches gilt für mit Plektrum gespielte Gitarren und Bässe; ebenso für Bläser, Klaviere und mehr.
Wenn Sie sich das Bild unten ansehen, zeigt es eine einzelne E‑Gitarre, die mit Plektrum gespielt wird. Oben (rot) ist die Originalspur ohne Kompression. Beachten Sie, dass die Transienten deutlich lauter sind als die Sustain‑Anteile der Noten.
Die Mitte (orange) ist dieselbe Spur mit einem Pro Tools Dyn3‑Kompressor mit relativ langsamer, 12ms Attack. Wie Sie sehen, bleiben die Transienten weitgehend intakt.
Unten (blau) wurde derselbe Kompressor mit denselben Einstellungen verwendet, außer dass die Attack auf die schnellste Einstellung gestellt wurde. Beachten Sie, dass die initialen Transienten der Noten deutlich weniger ausgeprägt sind.

Die blaue Spur unten wurde mit einem Kompressor mit schneller Attack verarbeitet.
Jetzt hören wir, wie diese Spuren klingen:
BEISPIEL 1: In diesem Beispiel hören Sie eine zwei‑taktige Phrase, die drei Mal wiederholt wird. Beim ersten Durchgang gibt es keine Kompression, beim zweiten Durchgang wird die Spur durch den Dyn3‑Kompressor mit 12ms Attack verarbeitet und beim dritten Durchgang ist alles gleich, außer dass die Attack auf 10µs (Mikrosekunden), der schnellsten Einstellung, steht. Achten Sie beim letzten darauf, wie stark die Transienten so abgeschwächt wurden, dass man den Anschlag mit dem Plektrum nicht mehr hören kann. Es klingt dadurch sogar etwas verzerrt und unangenehm wegen der super‑schnellen Attack‑Zeit.
Fazit: Seien Sie vorsichtig beim Einstellen der Attack‑Zeit. Zusätzlich zum Abschwächen des Anschlags der Noten hat sie auch eine allgemeine dämpfende Wirkung. Es kann jedoch Situationen geben, in denen Sie eine schnelle Attack wählen möchten, um die Transienten von Noten oder Anschlägen zu reduzieren, wenn diese zu scharf sind (zum Beispiel bei einer Snare).
Um die Transienten einer Spur zu erhalten, ist eine grobe Faustregel, die Attack‑Zeit auf etwa 12ms oder mehr einzustellen. Das ist natürlich nur ein Richtwert – entscheiden Sie letztlich mit Ihren Ohren.
VON EINEM ZUM NÄCHSTEN
Ein letzter Punkt zu bedenken bei Kompressorparametern ist, wie abhängig sie voneinander sind. Zum Beispiel können Sie ein extrem hohes Ratio einstellen, aber wenn Ihr Threshold so hoch ist, dass nur wenige Noten überhaupt verarbeitet werden, wird die Spur nicht so komprimiert klingen wie bei einem niedrigeren Ratio und einem niedrigeren Threshold.
Ähnlich wird die Attack‑Einstellung von den anderen Parametern beeinflusst. Je mehr der Kompressor an den Noten arbeitet, desto stärker hören Sie die Auswirkungen einer schnellen Attack‑Einstellung. Das Ändern der Release‑Einstellung, die bestimmt, wie lange der Kompressor eine Note abschwächt, bevor er wieder loslässt, kann ebenfalls einen erheblichen Einfluss auf den Gesamtklang haben. Kurz gesagt: Obwohl wir zu Recht einzelne Kompressorparameter fokussieren, um verschiedene Effekte zu erzielen, ist es immer wichtig, im Hinterkopf zu behalten, wie alle Einstellungen sich gegenseitig beeinflussen.